Grundwissen zur Finanzierung von Immobilien
Wer über ein Immobilieninvestment nachdenkt, wird in den allermeisten Fällen nicht umhin kommen, die Finanzierung nicht alleine aus Eigenkapital zu stemmen. Als Kapitalanleger ist es sogar fast immer sinnvoller seine Eigenkapitalrendite durch die Finanzierung mit Fremdmitteln zu hebeln, auch wenn entsprechende Eigenmittel zur Verfügung stehen würden.
Vorteil einer Finanzierung: Der Leverage-Effekt
Warum man trotz ausreichendem Eigenkapital, Fremdkapital zur Finanzierung verwenden sollte? Man nehme folgendes Beispiel:
Rainer Zufall möchte sich ein Haus kaufen. Praktischerweise kostet es genau 200.000 € und in der perfekten Welt, in der Rainer lebt, fallen auch keine Grunderwerbsteuer, Maklerkosten oder Gebühren für einen Notar an. Welch Paradies! Weiterhin ist die Immobilie ist für 10.000 € im Jahr vermietet.
Verwendet Rainer also seine gesamten Ersparnisse, um das Häuslein zu kaufen, so erzielt er eine Rendite von ((10.000 € / 200.000 €)*100 =) 5%.
Nicht schlecht aber auch nicht unbedingt üppig.
Jetzt nehmen wir einmal an, dass Rainer die Immobilie zu 80% fremdfinanziert, also 40.000 € aus seinem eigenen Geldbeutel nimmt und sich 160.000 € von der Bank leiht.
Die Zinsen sind zurzeit zwar noch günstiger, aber der Einfachheit halber nehmen wir an, dass Rainer 2% Zinsen zahlt und 2% anfängliche Tilgung pro Jahr.
Das bedeutet er hätte eine Rate von (4% von 160.000 € geteilt durch 12 Monate =) 533,33 € pro Monat, oder 6.400 € Kapitaldienst im Jahr. Von den 10.000 € Mieteinnahmen bleiben ihm also nur noch 3.600 € übrig. Er hat allerdings auch nur 40.000 € von seinem eigenen Geld eingesetzt und so ergibt sich eine Rendite von 9% auf sein Eigenkapital!
Nur zum Vergleich: Würde Rainer seine 200.000 € Eigenkapital auf 5 verschiedene Häuser aufteilen, die er allesamt so wie oben erläutert fremdfinanziert, würde er am Ende (3.600 € mal fünf Häuser =) 18.000 € an Mieteinnahmen nach Kapitaldienst einstreichen, statt nur 10.000 € für das eine, voll eigenkapitalfinanzierte Haus.
Klingt nicht schlecht, oder?
Risk vs. Reward
Natürlich will ich hier niemanden dazu auffordern, sich rettungslos zu überschulden, denn die gehebelte Belohnung (Reward) erhöht natürlich auch das Risiko!
Um bei dem oben beschriebenen Beispiel zu bleiben: Fallen Mietzahlungen aus, oder noch schlimmer, wird die Wohnung von Mietnomaden zusätzlich noch verwüstet, so hat Rainer natürlich ziemlich viel Ärger und Frust am Hals – aber seine Existenz wird wahrscheinlich nicht unmittelbar bedroht sein. Sind die Wohnungen aber obendrein fremdfinanziert, wird die weiterhin Bank gnadenlos die Zahlung der Raten verlangen – bis hin zur Zwangsvollstreckung.
Hier gilt es alle Unwägbarkeiten bei der Kalkulation mit einzubeziehen, um sich nicht finanziell selbst aufs Glatteis zu führen. Insbesondere das Zinsrisiko sollte nicht vernachlässigt werden, da zurzeit die Zinsen zwar historisch günstig sind, das in 10 oder 15 Jahre, wenn die Anschlussfinanzierung ansteht, aber nicht mehr der Fall sein muss.
Man sollte sich daher immer bewusst sein, dass keine Investition der Welt „bombensicher“ ist und immer irgendetwas unerwartet schief gehen kann. Herauszufinden wie viel Risiko man guten Gewissens verkraften kann ist die erste Frage, die sich ein angehender Investor stellen sollte! Nicht zuletzt um schlaflose Nächte zu vermeiden.
Darlehensformen
Es gibt verschiedene Arten von Darlehen. Endfälligkeitsdarlehen, Forward-Darlehen, Abzahlungsdarlehen und Annuitätendarlehen seien hier nur als Beispiel genannt. Alle Darlehensarten hier eingehend zu beschreiben wäre zu umfangreich und ich will mich daher auf das Annuitätendarlehen beschränken, da es das mit Abstand Üblichste bei der Finanzierung von Immobilien ist.
Beim Annuitätendarlehen wird eine feste Rate mit der Bank vereinbart, die sich während der Laufzeit nicht verändert. Die Höhe der Rate ermittelt sich aus dem Zins und der Tilgung. Daher ist auch immer von „anfänglicher Tilgung“ die Rede, da die Tilgung im Laufe der Zeit zunimmt. Bei Zinsen von 2% und einer anfänglichen Tilgung von 2%, wie im obigen Beispiel, wird die monatliche Rate also ein Zwölftel von 4% des Darlehensbetrags sein. Im Verlauf der Rückzahlung müssen die Zinsen nur noch auf den noch nicht getilgten Betrag gezahlt werden. Da die Rate aber gleichbleibt, erhöht sich im Verlauf der Zeit der Tilgungsanteil an der Rate und der Zinsanteil sinkt.
Für Herrn Rainer Zufall würde sich somit folgender (verkürzter) Tilgungsplan ergeben:
Periode | Rate | Zinsanteil | Tilgungsanteil | Restschuld |
Januar 2015 | 533,33 € | 266,67 € | 266,66 € | 159.733,34 € |
Februar 2015 | 533,33 € | 266,22 € | 267,11 € | 159,446,23 € |
Dezember 2015 | 533,33 € | 261,74 € | 271,59 € | 156.770,55 € |
2020 | 6.400 € | 2.831,20 € | 3.568,80 € | 139.619,79 € |
2024 | 6.400 € | 2.534,20 € | 3.865,80 € | 124.608,55 € |
Zinsanteil sinkt, Tilgungsanteil steigt
Forward Darlehen
Ein Forward-Darlehen ist eine besondere Form des Annuitätendarlehens, bei dem die Auszahlung der Kreditsumme erst zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart wird. Sinn der Sache ist es sich aktuell günstige Zinsen für eine zukünftig benötigte Finanzierung zu sichern.
Läuft also beispielsweise in einem Jahr die Zinsbindung für das aktuelle Darlehen aus und man vermutet, dass die Zinsen bis zu dieser Zeit noch deutlich steigen, so kann man sich die aktuellen Zinsen im Rahmen eines Forward-Darlehens sichern.
Bezahlen lässt die Bank sich das durch höhere Zinsen. Der Zinsaufschlag beträgt etwa zwischen 0,01 und 0,06 Prozent pro Monat, hängt aber natürlich stark vom Marktumfeld, der Zinsvolatilität (d.h. die Stärke der Schwankungen bei den Zinsen) und auch von der finanzierenden Bank ab.
Beispiel:
Rainer Zufall hat das oben beschriebene Haus vor 7 Jahren gekauft und mit 160.000 € fremdfinanziert. In 3 Jahren steht nun die Anschlussfinanzierung über die verbleibenden ca. 140.000 € an. Rainer will unbedingt von den derzeit historisch niedrigen Zinsen profitieren. Er fragt bei seiner Bank nach einem Forward-Darlehen, dessen Auszahlung dann eben erst in 36 Monaten bei Ablauf der Zinsfestschreibung ausgezahlt werden soll.
Nehmen wir, dass die Zinsen für Rainers Projekt derzeit bei 1,60 % liegen würden. Dafür, dass die Bank ihm diesen Zinssatz garantiert, verlangt sie einen Zinsaufschlag von 0,02 % pro Monat, also für 36 Monate 0,72 %. Der von Rainer in 3 Jahren tatsächlich zu zahlende Zins beträgt demnach 2,32 %.
Ein Forward-Darlehen stellt immer eine Spekulation auf steigende Zinsen dar. Letztendlich wettet man sozusagen darauf, dass die Zinsen im Zeitpunkt der Auszahlung der Kreditsumme über den Zinsen zzgl. des Zinsaufschlags im Zeitpunkt des Abschlusses des Forward-Darlehens liegen.
Ob man mit Forward-Darlehen ein Schnäppchen machen kann, wage ich aber zu bezweifeln. Sicherlich ist im aktuellen Zinsumfeld davon auszugehen, dass die Zinsen früher oder später wieder steigen. Allerdings relativiert sich diese Gewissheit ganz schnell wieder, wenn man die zu zahlenden Zinsaufschläge berücksichtigt. Sind die Zinsen bei Auszahlung weiter niedrig geblieben oder nicht genug gestiegen, so hat man allen Grund, sich zu ärgern.
Da meine Glaskugel nicht zu funktionieren scheint und am Ende doch immer das Haus gewinnt, halte ich persönlich nicht viel von Zinsspekulationen oder –prognosen. Wenn uns die Finanzkrise von 07/08 eines gelehrt haben sollte, dann, dass niemand mit Gewissheit irgendwas voraussagen kann. Getreu nach dem Motto: „Es kommt immer anders, als man denkt“.
Vorfälligkeitsentschädigung
Will man vorzeitig den Darlehensvertrag kündigen, um sich einen günstigeren Anbieter zu suchen – im derzeitigen Zinsumfeld sicherlich der Wunsch vieler Darlehehnsnehmer – muss eine Entschädigung an den alten Darlehensgeber gezahlt werden, da dieser natürlich einen Zinsausfallschaden hat.
Die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet sich – vereinfacht – aus den verbleibenden Zinszahlungen bis zum Ablauf der Zinsfestschreibung. Die Berechnung kann stark von Bank zu Bank variieren und der Verbraucherschutz murrt auch schon seit geraumer Zeit, dass es keine klaren und transparenten Vorschriften zur Berechnung gibt.
Interessanterweise kann sich aufgrund der steuerlichen Auswirkung hieraus eine Alternative zum Forward-Darlehen ergeben. Die zu zahlende Entschädigung bei vermieteten Objekten stellt ein Nutzungsentgelt für das auf die verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital dar. Es handelt sich somit um Schuldzinsen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG, die sich steuermindernd auswirken.
Beispiel:
Rainer möchte seine verbleibende Restschuld von 130.000 € auf ein Darlehen mit günstigeren Konditionen umschulden. Seine Zinsersparnis würde 10.000 € betragen. Die Bank verlangt aber eine Vorfälligkeitsentschädigung von 12.500 € für die vorzeitige Ablöse des Darlehens.
Rainer hat einen Grenzsteuersatz von 30 %, d.h., vereinfacht dargestellt, dass die Vorfälligkeitsentschädigung seine Steuerbelastung um 3.750 € mindert. Die Umschuldung würde sich somit für Rainer lohnen, (13.750 € > 12.500 €) obwohl die Vorfälligkeitsentschädigung größer ist, als die Zinsersparnis.
Man profitiert also sofort von den günstigeren Zinsen und muss keinen Zinsaufschlag wie bei einem Forward-Darlehen zahlen und kann die anfallende Vorfälligkeitsentschädigung durch eine geringere Steuerbelastung auffangen.
Allgemeingültig kann man hier natürlich keine Aussage treffen, da die steuerliche Situation für jeden ein bisschen anders aussieht. Ganz so einfach wie im obigen Beispiel dargestellt, lässt sich die steuerliche Ersparnis auch nicht berechnen, da die Progression natürlich gleitend ist und sich die Differenz der alten Zinszahlung zur neuen Zinszahlung ohnehin steuermindernd ausgewirkt hätte.
In der Regel dürfte aber gelten: Umso höher der individuelle Steuersatz, umso günstiger kann eine Umschuldung im Vergleich zu einem Forward-Darlehen sein.
Besonderheit Damnum
Ein Damnum, oder auch Abgeld genannt, ist ein Abschlag vom Nennwert des Darlehens. Das bedeutet also man hat beispielsweise einen Kreditbedarf – wie Rainer Zufall im obigen Beispiel – von 160.000 €, nimmt aber 170.000 € als Kredit auf, mit der Vereinbarung, dass nur die 160.000 € ausgezahlt werden.
Klingt auf den ersten Blick völlig verrückt, denn Nachteil dieser Gestaltung ist, dass natürlich die vollen 170.000 € zu verzinsen und auch zurückzuzahlen sind. Vorteil ist, dass sich aus dieser Gestaltung ein günstigerer Zins ergeben kann und Steuervorteile bestehen.
Steuervorteile deshalb, weil es sich bei dem Abschlag um eine vereinbarte Zinsvorauszahlung handelt, die wiederum steuermindernd berücksichtigt werden kann.
Bei der Eigenheimfinanzierung kommt eine Berücksichtigung der Zinsen im Umkehrschluss natürlich nicht in Betracht, da mit dem Eigenheim keine Absicht besteht Gewinne zu erzielen. Daher ist meiner Meinung nach ein Damnum bei der Finanzierung eines Eigenheims nur in Ausnahmefällen zur Senkung des Zinssatzes sinnvoll.
Bei der Finanzierung einer als Kapitalanlage genutzten Immobilie kann es sich dementgegen durchaus oft als vorteilhaft und günstiger erweisen, das Darlehen mit einer Damnumsvereinbarung zu versehen.
Beispiel:
Rainer hat folgende Möglichkeiten:
Option A: Rainer nimmt ein Darlehen über 160.000 € auf, das voll ausbezahlt wird und mit 1,60% verzinst wird.
Option B: Rainer nimmt ein Darlehen über 168.500 €, von dem 160.000 € ausgezahlt und
8.500 € als Zinsvorauszahlung einbehalten werden. Hierfür erhält Rainer einen günstigeren Zins von
1,35 %
Ignorieren wir der Einfachheit halber abweichende Zinssätze bei der Anschlussfinanzierung, so wird Rainer bei Option A in etwa 51.000 € an Zinsen über die gesamte Laufzeit des Darlehens zahlen. Bei Option B wären es, aufgrund des niedrigeren Zinssatzes nur 44.300 €. Allerdings muss hier natürlich noch das Damnum von 8.500 € wieder hinzugerechnet werden, sodass wir in der Summe bei 52.800 € liegen. Rainer wäre somit auf den ersten Blick besser damit gedient, wenn er kein Damnum in Anspruch nimmt.
Aber Rainer kann das Damnum ja sofort von der Steuer absetzen. Bei einer Grenzsteuerbelastung von
30 % ergibt sich damit eine (vereinfachte) Steuerersparnis von 2.550 €.
In der Summe wäre es für Rainer damit günstiger Option B zu wählen und das Damnum in Anspruch zu nehmen, da er insgesamt nur mit 50.250 € belastet wäre, statt den 51.000 € bei Option A.
Auch hier gilt wieder: Auf die individuelle Steuersituation kommt es an! Je höher der individuelle Steuersatz, umso sinnvoller wird es sein, ein Damnum zu vereinbaren, um die Progression zu drücken.
Zu beachten ist, dass das Damnum maximal 5% der Darlehnssumme ausmachen darf, um sofortige steuerliche Berücksichtigung zu finden. Übersteigt das Damnum die 5%, so gilt es als nicht mehr marktüblich und der übersteigende Anteil muss auf den Zinsfestschreibungszeitraum aufgeteilt werden (BMF-Schreiben vom 20.10.2003, BStBl. 2003 I S. 546).
Fallen euch noch weitere wichtige Dinge ein, die es im Zusammenhang mit der Finanzierung zu wissen gilt? Schreibt es in die Kommentare!